Selbstdarstellung ist selten eine gute Idee – zwei Beispiele aus der Musik

Hilfreich beim Verfassen enzyklopädischer Texte ist eine gesunde Distanz zum Thema. Das kann funktionieren – bei den heutigen beiden Beispielen aus dem Bereich Musik aber nur mit Unterstützung. In dem anderen Fall war die investierte Arbeit umsonst.

In der Heavy-Metal-Szene genießt der Multiinstrumentalist und Musikproduzent Patrick W. Engel durchaus einen guten Ruf. Immerhin war er „in seiner mehr als zwanzigjährigen Karriere als aktiver Musiker in ca. 30 Bands und Studioprojekten aktiv“ und arbeitete für Szenegrößen wie Heaven Shall Burn oder Darkthrone (die über die Zeit immer mal wieder Eingang in die Wochenzeitschrift Spiegel gefunden haben, um das mal einzuordnen).

Enzyklopädisches Schreiben indes gehört nicht zur Kernkompetenz, wie dieser Screenshot eines am 27. April 2015 um 14:53 Uhr frisch angelegten Artikels zeigt:

Screenshot von Wikipedia
Eine IP-Adresse bekennt sich laut Zusammenfassung dazu, den Artikel über sich selbst geschrieben zu haben

Quelle: de.wikipedia.org/w/index.php?oldid=141539097

Die erste Bearbeitung eines etablierten Benutzers war denn auch gleich ein Löschantrag. Inhaltlich stand die enzyklopädische Relevanz grundsätzlich schon drin, sie war aber nicht erkennbar – das ist dann durch die Überarbeitung anderer erfahrener Ehrenamtler passiert.

Divine X ohne göttliches Wikipedia-Glück

Eine andere Baustelle ist hingegen die deutsche Metal-Band Divine X aus Dresden, die ihren Musikstil selbst dem „Technical Death-Metal“ zuordnet. Wie hier im Internet Archive in der Versionsgeschichte nachzulesen ist, wurde der Artikel am 7. Januar 2024‎ von dem Benutzer „Slowfinger-DivineX“ angelegt – und hat sich nur fünf Minuten später einen Löschantrag eingefangen. Das Regelwerk gibt das eigentlich nicht her, denn normalerweise sollte ein Artikel wenigstens eine Stunden bestehen – und weitergeschrieben werden – können. Geschadet hat es dem Antrag nicht, denn er blieb stehen.

Weniger Glück, die Zwischenüberschrift verrät es ja, hatte hingegen die Band. Ihr Bandartikel, der hier im Internet Archive zu sehen ist, konnte seitens der Community nicht gerettet werden. Anders als Patrick W. Engel haben sich die Musiker hier wirklich Mühe gegeben, möglichst nah an die Formatvorgaben eines enzklopädischen Artikels zu kommen. Auf den zweiten Blick hapert es aber an den Einzelnachweisen (fehlen völlig) und – mit zwei Veröffentlichungen im Selbstverlag innerhalb von 19 Jahren, ohne nennenswerte Rezeption in der Fachpresse und ca. 500 Followern auf Facebook und Instagram – an der Grundlage enzyklopädischer Relevanz.

Die Löschdiskussion war da jedenfalls sehr eindeutig und der Antrag wurde auch noch von einem Admin positiv beschieden, welcher eher für Artikel denn gegen sie entscheidet und der zudem noch musikaffin ist. Nachlesen kann man hier.

Fazit

Es gibt jede Menge nützlicher Hilfeseite, die man vor dem oder beim Schreiben konsultieren kann. Eine nennt sich „Wie schreibe ich gute Artikel“, eine andere ist der sogenannte Relevanzcheck.

Hätte Musikproduzent Patrick W. Engel, unter der Prämisse, dass die IP wirklich er selbst war, ein ernsthaftes Interesse an enzyklopädischer Arbeit, wäre sein Artikel formell wie inhaltlich deutlich besser gewesen als die ursprüngliche Bleiwüste. Aber das ist eben das, was die Community an Selbstdarstellern – seien es Musiker, Coaches oder die Schreiber aus Unternehmen – so hasst: Man will sein Thema platzieren und kümmert sich nicht um die Eigenheiten der Plattform namens Wikipedia. In dem Fall hatte Patrick Engel Glück, dass sich aus der Community jemand zum Überarbeiten gefunden hat.

Die Dresdener Metal-Musiker hingegen wären besser mal zum Relevanzcheck gegangen, um dort die Meinungen erfahrener Ehrenamtler einzuholen. Dann hätten sie im Vorfeld schon erfahren, dass es eher kritisch aussieht. Ich kann diesen Weg nur empfehlen, um Enttäuschungen zu vermeiden.

Ansonsten gilt hier, dass die Empfehlungen der gestandenen Autoren keine offizielle Freigabe bzw. Ablehnung sind. Man trotzdem einen Löschantrag auf seinen Artikel gestellt bekommen oder trotz negativen Feedbacks einen Artikel veröffentlichen. Erfahrungsgemäß werden die einen Artikel aber behalten, während die anderen meist (schnell) gelöscht werden.