Zwei Lager in der Wikipedia beim Umgang mit „Paid Editors“

Wikipedia im Jahr 2023. Die ganze Community befindet sich im Kampf gegen bezahltes Schreiben durch Unternehmen und Agenturen. Die ganze? Nein, zwischendurch finden sich immer Autoren, die auch mal Position für Benutzer beziehen, die als Mitarbeiter mit Interessenkonflikt unterwegs sind.

Im vergangenen Monat hatte ich im Artikel Reality-Check im Relevanzcheck eine prototypische Diskussion in aller Kürze wiedergegeben, wie ein frisch angemeldeter Benutzer aus einem Unternehmen relativ „robust“ angegangen wird. Im individuellen Fall kann das durchaus auch als „sehr robust“ bis „fast schon gemein“ empfunden worden sein, aber tatsächlich kann die Community noch härter agieren.

Doch darum soll es heute nicht gehen. Vielmehr zeigte sich an zwei Beiträgen in dieser Anfrage beim Relevanzcheck, dass die Marketing-Mitarbeiterin aus dem Unternehmen HT Group grundsätzlich auf dem richtigen Weg war – und Teile der Community vielleicht nicht immer optimal reagieren.

Eine wirklich wichtige Aussage zu einem grundsätzlichen Problem von Benutzern aus Unternehmen und Agenturen kommt von Benutzer Rolf Roletschek:

„Würde ich bezahlt schreiben, wüßte ich nicht, was ich alles wo und wie machen müßte. Ich würde garantiert irgendwas vergessen oder falsch machen. Das Ganze ist derart kompliziert, daß Anfänger garantiert Fehler machen.“

In seinem Beitrag äußert er sich aber auch zum Umgang mit der Mitarbeiterin der HT Group: „Hier hat sich jemand Mühe gegeben, wird aber nur schief angemacht.“ Ähnlich sieht das Benutzer Mpns: „Und die Mühe, sich an die Regeln halten zu wollen, sei auch erwähnt. Nach Ansprache binnen kurzer Zeit die Offenlegung und Konten-Verfizierung ist auch nicht unbedingt üblich.“

Kritische Worte zum Umgang auch andernorts

Ein zentraler Ort, an dem fragwürdige Beiträge von Unternehmen, Agenturen und Selbstdarstellern sichtbar werden, ist das Wikipedia:WikiProjekt Umgang mit bezahltem Schreiben. Der hier aktive Teil der ehrenamtlichen Autoren wähnt sich natürlich auf der richtigen Seite – und das grundsätzlich auch zu recht. Schließlich sind die Beispiele marketinglastiger Werbebroschüren und versuchtem Linkspam zahlreich.

Davon abgesehen gibt es auch eine Menge „False Positives“ und vermeintliche „Werbeartikel“ werden auch bis hin zu Textskeletten filetiert.

Auf seiner eigenen Benutzerdiskussionsseite kommt Benutzer Brodkey65 daher zu dem Schluss, dass es sich hier um ein „Schlechte-Laune-Projekt“ handele. Ihm sekundiert Ralf Roletschek, der meine knappe Zusammenfassung der Kehrseite klar einordnet: „Dieses Schlechte-Laune-Projekt schadet mehr als es irgendwas hilft. Realitätsfremd, dekonstruktiv und verbittert werden Artikel verschandelt.“

Zusammenfassung / Quintessenz

Wer als Benutzer aus einem Unternehmen oder einer Agentur auf Wikipedia aktiv wird, muss mit Gegenwind rechnen. Wie man im Vorfeld und währenddessen agiert, hatte ich hier am Artikelende beschrieben. Wenn man ernsthaft im Sinne des Projektes mitarbeiten will, also mit einer enzyklopädischen Herangehensweise, und sich von dem Gegenwind nicht verschrecken lässt, findet man im Ernstfall auch ein paar freundliche Autoren. Elementar dabei ist, dass man ich mehr noch als „normale ehrenamtliche“ Autoren jederzeit penibel an das Regelwerk hält und keine Angriffsfläche bietet.