Wissen über die Abläufe in Wikipedia ist essenziell
Selbstdarsteller wie auch Benutzer aus Unternehmen scheitern ziemlich oft an ein und derselben Hürde: Sie verstehen Wikipedia, die Abläufe und die Community nicht. Sichtbar wird das heute beispielsweise an einem Autor, dessen selbsterstellter Artikel in der „Löschhölle“ gelandet ist.
Eine der festgeschriebenen Regeln der deutschsprachigen Wikipedia lautet, dass Löschanträge grundsätzlich frühestens eine Stunde nach Anlegen eines Artikels gestellt werden dürfen. Das soll den Erstautoren etwas Atemluft verschaffen, um ihre Artikelneuanlage hinsichtlich der Relevanzdarstellung wie auch der formalen Vorgaben näher oder ganz an das Idealbild zu bringen.
Vor diesem Hintergrund hat Benutzer Pocpga sogar noch einen Bonus von einer Viertelstunde erhalten: Sein heute um 12.42 Uhr angelegter Artikel Matthias Schramm (Schriftsteller) hat nach zehn Minuten einen Baustein zur Qualitätsicherung bekommen (das führt, sofern enzyklopädische Relevanz vorliegt, üblicherweise zur zeitnahen Verbesserung) und erst um 13.57 Uhr einen Löschantrag.
Der Löschantrag ist in seiner Bewertung des Artikels dabei ziemlich eindeutig: Enzyklopädische Relevanz diese PR-Artikels nicht dargestellt . Danach folgt als weiterführende Begründung noch der Halbsatz der einzige Belletristik-Band erscheint erst in diesem Jahr.
Was willst Du alles falsch machen? – Ja.
Gut, die als fiktiver Dialog gewählte Zwischenüberschrift wäre aus sprachlichen Gründen bei einer Klassenarbeit in Deutsch ein Fall für den Rotstift der Lehrkraft. Als stilistisches Mittel ist das hier aber voll zutreffend – schließlich bemüht sich Pocpga in der Löschdiskussion (hier der Archivstand von 16.31 Uhr) sehr intensiv darum, die Community vor den Kopf zustoßen. Sichtbar wird das an zwei Wortmeldungen einer IP-Adresse, in denen sich zwei relevante Feststellungen finden:
„Es ist wenig zielführend, Wikipedia zu erklären, wie Wikipedia funktioniert.“
und
„Du machst hier grade wirklich vieles falsch, angefangen bei Interessenskonflikt, Verschleierung der Identität, Ignorieren der RK selbst nach konkretem Hinweis.“
Konkrete Fehler beim Erstellen...
Die detaillierte Analyse des Artikels (eine Archivversion ist hier einsehbar) könnte umfangreich ausfallen – oder so kompakt wie nachfolgend wird dem Text eher gerecht... Also:
- Schon in der Einleitung steht „erscheint sein Debütband“ (was hinsichtlich dreier Aspekte aus WIkipedia-Sicht schon problematisch ist)
- im Text finden sich ganz viele unbelegte Informationen
- es finden sich Weblinks außerhalb des Abschnitts Weblinks
- Quantität und Qualität der Weblinks entsprechen nicht den Vorgaben für diesen Abschnitt
Sprachlich gibt es hingegen andere Mustertexte, die als bessere schlechte Beispiele taugen.
... und in der Löschdiskussion
Deutlich spannender ist hingegen das Verhalten in der Löschdiskussion. Fehler Nummer 1 (wobei das keine Wertung darstellt), ist das Abstreiten eines Interessenkonflikts. Anders beim schauspielernden und buchschreibenden Lehrer, dessen Wikipedia-Benutzername aus Initialen und Geburtsjahr abgeleitet werden kann, gibt es zwischen Pocpga und Matthias Schramm keine direkt Auffälligkeit. Wohl aber gibt es auf der Website soundlice.com eine Kongruenz:

Dann zu schreiben Und nein, ich bin nicht "er". mag stimmen, wird von der Community erfahrungsgemäß aber nicht geglaubt.
Darüber hinaus hat der Benutzer sicherlich recht, wenn er auf den außerhalb der deutschsprachigen Wikipedia üblichen Unterschied zwischen Belletristik und Lyrik hinweist. Der Community allerdings innerhalb zu erklären, dass sie (sinngemäß) keine Ahnung habe, stößt üblicherweise nicht auf Gegenliebe. Daher auch das IP-Zitat Es ist wenig zielführend, Wikipedia zu erklären, wie Wikipedia funktioniert. Schließlich geht es bei enzyklopädischen Relevanz im Kern nur darum, wie viele Sachbücher bzw. „Nicht-Sachbücher“ sie geschrieben haben. Auch ist es nachteilig, wenn man sich im Geflecht der recht komplexen und bürokratischen Relevanzkriterien verliert und auf sich als Person die Kriterien für literarische Einzelwerke anwenden will.
Voraussichtliches Ergebnis
Löschdiskussionen sind auch für erfahrene ehrenamtliche Autoren oftmals purer „Wikistress“. Deshalb läuft dieser Themenkomplex umgangssprachlich auch unter dem Begriff „Löschhölle“. Unerfahrene, neue Autoren (und erst recht solche mit einem Interessenkonflikt) geraten dabei noch schneller unter Stress, weil ihnen die Erfahrung über Abläufe in der Wikipedia ebenso fehlt wie das Wissen über den Umgang in der und mit der Community. Zumindest bis gegen 16.30 Uhr ist Pocpga noch nicht der Fehler unterlaufen, wirklich beleidigt zu schreiben. Aber Passagen wie
„Nächste Reaktion von mir gibt es nur noch auf Basis eines sachlichen Austausches. Chapeau! “
und
„Vielleicht solltet ihr die Artikel Belletristik und Lyrik grundlegend überarbeiten - nach eurem Gutdünken oder, besser noch, die Relevanzkriterien von Grund auf erneuern.“
deuten darauf hin, dass perspektivisch eine Benutzersperre möglich.
Ziemlich sicher aber wird der Artikel gelöscht – wahrscheinlich in sieben Tagen. Von daher habe ich ihn hier gar nicht erst verlinkt.
Ansonsten wird ein Schaden sicherlich bleiben, und zwar der, den ich abschließend in der umgehend revertierten Selbstdarstellung genannt hatte: Aufgrund eines zu früh angelegten Artikels wird diese wenig vorteilhafte Diskussion nun dauerhaft Teil des Wikipedia-Archivs.